Annette Schaper-Herget

Diese Überschrift war der Spruch auf meinem Wahlplakat, und das meine ich so! Auch meine Kolleginnen und Kollegen bei Ofa sehen Transparenz als eine unserer Missionen für die fünf Jahre, für die Ihr uns gewählt habt. Und wir versprechen Euch, wie schon im Wahlkampf, wir werden dranbleiben!

Aber was meinen wir mit Transparenz? Warum ist sie wichtig? Und wie wollen wir sie als kleine Oppositionsfraktion umsetzen? Dies möchte ich im Folgenden ein wenig erläutern:

Amtsgeheimnis oder Demokratie?

Früher gab es das „Amtsgeheimnis“. Alles war automatisch geheim, wenn es nicht explizit veröffentlicht wurde. Die Untertanen hatten keine Ahnung, was die Regierungen machten und warum. Das sollten sie auch nicht, denn kritische Nachfragen waren unbequem. So konnten die Regierenden schalten und walten, wie es ihnen beliebte – Seilschaften und Lobbyisten ebenfalls. Und natürlich hatte Demokratie keine Chance, denn Aufklärung, Demokratie und Information der mündigen Bürger und Bürgerinnen gehen einher. Dies wurde oft damit gerechtfertigt, dass das Volk eh zu dumm sei. Wissen ist Macht, daher sollte das Volk auch dumm bleiben.

Ja, wenn man die Bürger und Bürgerinnen „dumm“ und uninformiert hält, kann man seine Politik bequem rechtfertigen, denn woher sollen die Leute auch wissen, ob die Erklärungen wirklich stimmen und ob hinter Entscheidungen nicht was ganz anderes steckt? Ja, durch intransparentes Verhalten kann man die Gründe für Entscheidungen unsichtbar machen und im Fall von Fehlern sein Gesicht wahren.

Eine aufgeklärte Demokratie ohne Fake News und ohne Korruption ist nur denkbar mit maximaler Transparenz. Dies hat schon Kant in seiner Schrift „Vom ewigen Frieden“ (1795) betont./1/ In demokratischen Staaten ist Korruption weniger verbreitet. Regierungen sind ihren Bürgern rechenschaftspflichtig, daher müssen entscheidungsrelevante Informationen der Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt werden. Dies fördert auch die Meinungs- und Pressefreiheit. Aber mehr Transparenz und Demokratie gehen einher mit weniger Macht für die Entscheider, daher muss mehr Transparenz erkämpft werden, nur so lässt sich Korruption und Machtmissbrauch durch Herrschaftswissen zurückdrängen!

Ich habe mich schon während meiner Berufstätigkeit mit dem Thema Transparenz beschäftigt, allerdings auf internationaler Ebene. Dabei ging es um nukleare Rüstungskontrolle, Abrüstung und Fragen wie z. B. nach der Zahl der weltweit stationierten Kernwaffen oder der Menge von waffentauglichem Nuklearmaterial./2/ In den 90-er-Jahren gab es in den USA umfangreiche und großartige Reformen zur Erhöhung der Transparenz staatlichen Handelns, die ich damals neidisch beobachtet und sehr bewundert habe. Riesige Datenmengen wurden für die Bürger zugänglich gemacht, was in Zeiten des Internets auch sehr einfach zu handhaben ist. Präsident Obama veröffentlichte 2009 sein berühmtes „Memorandum on Transparency and Open Government“, in dem er mehr Offenheit und Transparenz versprach, um die Demokratie zu stärken./3/ Das Prinzip der amerikanischen Bemühungen war dabei immer die Bringschuld der Regierung statt der Holschuld der Bürger.

Transparency International hat vor kurzem in einer Pressemitteilung gefordert: „Der bisher in der Verwaltung geltende Grundsatz des Amtsgeheimnisses muss durch den Grundsatz der Verwaltungstransparenz ersetzt werden. Es gilt, Offenheit zur Regel zu machen und Geheimhaltung zur Ausnahme. Aus dem Informationsrecht des Bürgers sollte eine Informationspflicht für die Verwaltung werden.“ /4/ Diese Forderung ist auch das Mantra unserer Fraktion und leitet unsere Arbeit in der Stadtverordnetenversammlung.

Die Situation in Offenbach: Kein Mäuschen hat Zugang zu Informationen

In Offenbach sind wir noch nicht so weit, wir sind auch noch hinter anderen Kommunen zurück. Unsere Informationsfreiheitssatzung ist die schlechteste im bundesweiten Vergleich. Anfragen werden oft erst nach Monaten beantwortet und das oft sehr nichtssagend. Ein Antrag, dass regelmäßige Berichte über die Umsetzung von Beschlüssen veröffentlicht werden, wurde abgelehnt. Diesen Antrag wollten die Koalitionsfraktionen am liebsten ganz absetzen.

In einer Sitzung forderte Stadtrat Weiß, dass die Bürger und Bürgerinnen sowie die Stadtverordneten grundsätzlich Vertrauen zu haben hätten, dass die Beschlüsse auch ohne Transparenz stets vorbildlich umgesetzt würden. Jede Anfrage koste Geld, daher sollten wir uns fragen, ob unsere Anfragen nötig seien. Da fragen wir uns natürlich auch, welches Demokratieverständnis dahintersteckt! Meint der Stadtrat, dass unsere Aufgabe nur Abnicken ist? Gibt also die Verwaltung die Politik vor? Wer ist der Souverän? Die gewählten Vertreter der Bürger und Bürgerinnen? Oder die Verwaltung? Wenn das Geld knapp ist, spart man als erstes an der Demokratie? Es entsetzt uns, dass wir solche Fragen überhaupt stellen müssen. Wenn automatisch berichtet würde, gäbe es natürlich auch weniger Anfragen.

Die Mitarbeiter:innen der Verwaltung dürfen keinen direkten Kontakt mit uns haben, berichtet wird über wichtige Dinge nur rudimentär in nichtöffentlichen Sitzungen. Schriftliche Protokolle dazu gibt es nicht. Bei der Sitzung im Januar 2022 wurden uns erklärt, dass die Stadt aus Geld- und Personalmangel nicht alle Beschlüsse umsetzen könne und daher priorisieren müsse. Wir wurden aber eingeladen: Bei diesen Priorisierungssitzungen dürften wir Mäuschen spielen. Das hat Herr Dezernent Weiß zumindest in einer öffentlichen Sitzung erklärt. Diese Einladung haben wir angenommen, aber anscheinend war sie doch nicht ernst gemeint, jedenfalls haben wir trotz Nachfragens nichts mehr gehört.

In Offenbach entscheidet die Verwaltung und nicht die Politik, ob Beschlüsse umgesetzt werden oder nicht. Die Kriterien, nach denen das entschieden wird, kennen wir nicht. Aber wer ist der Souverän?

Wir wollen wissen, was beschlossen wird, welche Beschlüsse umgesetzt werden, was die Hintergründe dieser Beschlüsse sind, wer darüber entscheidet, welche Beschlüsse liegen bleiben, wofür unsere Steuergelder ausgegeben werden, welche Projekte geplant sind oder wie weit diese Projekte gediehen sind, wie Aufträge ausgeschrieben und vergeben werden, wie Lobbyisten Einfluss auf die Stadtpolitik nehmen, welche persönlichen Beziehungen wirken, wie Bürgeranliegen in Projekte einfließen können, wodurch Kostensteigerungen verursacht werden und vieles mehr. Wir halten Transparenz für eine Bringschuld der Verwaltung. Aber ohne Transparenz erfahren wir das nicht. So bleiben die Offenbacher und Offenbacherinnen und auch Stadtverordnete unaufgeklärt und eine demokratische und fachgerechte Beteiligung ist nicht möglich. Als Folge steigt die Demokratiemüdigkeit und sinkt die Wahlbeteiligung.

Das Beispiel ÖPNV-Kürzung

Wir allen wussten, dass die Ausgaben für den ÖPNV gekürzt werden mussten. Aber als die Kürzungsvorschläge kamen, waren wir entsetzt! Zwar wurden für eine Studie 200.000 Euro ausgegeben, zu sehen bekommen hatten wir aber nur 16 Seiten einer Powerpoint-Präsentation, die ein „Lenkungskreis“ erstellt hatte und die uns als alternativlos vorgestellt wurde. Das sollte ausreichen, um darüber abzustimmen. Auf unsere Bitte, uns die Studie zur Verfügung zu stellen, kam 10 Tage lang nicht mal eine Antwort. Zu sehr verlässt sich die Koalition darauf, dass alle ihre Stadtverordneten alles abnicken, egal wie widersprüchlich und fehlerbehaftet eine Vorlage ist. Schließlich bekamen wir eine ausführlichere Präsentation von 150 Seiten, jedoch immer noch nicht die Studie, die wir bis heute nicht sehen durften. Bei der Analyse dieser Unterlagen hat ein Experte, der uns geholfen hat, Michel Heilmayer, unzählige Fehler und Widersprüche entdeckt. Diese sind bis heute nicht geklärt, aber unser Änderungsantrag, noch mal gründlich zu prüfen, wurde mit der Begründung abgelehnt man würde noch mal gründlich prüfen.

Wir haben daher auch einen Akteneinsichtsausschuss beantragt sowie eine Reihe von Anfragen gestellt https://www.ofa-ev.de/anfragen/. Denn mit den Häppchen von Informationen, die wir bekommen haben, ist es unmöglich, die Vorgänge, die hinter dieser Entscheidung stehen, aufzuklären. So kann man keine fundierte demokratische Entscheidung treffen.

OP 9. Juni 2022, Interview mit OB Schwenke #Hinterzimmer

Warum wird so eine wichtige Studie zurückgehalten? Warum dürfen die nicht alle Bürger und Bürgerinnen sehen? Es wird immer behauptet, dass das doch keinen interessiert. Aber vielleicht gibt es nur einen oder eine unter den 140.000 Einwohner:innen in Offenbach, die es eben doch interessiert, wie z. B. unseren Experten Michel. Dafür hat sich die Veröffentlichung dann schon gelohnt! Die Zeiten des Amtsgeheimnisses müssen bald mal vorbei sein!

Hier ist eine Übersicht über unsere vielen Kommentare, Pressemitteilungen, Berichte, Anfragen und unseren Änderungsantrag zu den ÖPNV-Kürzungen.

Unsere neusten Bemühungen um Transparenz: Open Data

Vor gut einem Jahr sind wir gewählt worden. Seitdem haben wir schon viele Anträge https://www.ofa-ev.de/antraege/ gestellt, die sich mit Transparenz befassen:

20.05.2021Änderungsantrag Infofreiheitssatzung
23.09.2021Transparente Stadtpolitik: Ergänzungen im PIO (gemeinsam mit FW, CDU, LINKE)
25.10.2021Digitale Visualisierung des Haushalts umsetzen
13.01.2022Rathaus-TV: Videostream und Aufzeichnung der Stadtverordnetensitzungen
24.02.2022Bericht über AG Digitalisierung
12.04.2022Digitalisierungsbeirat einrichten (gemeinsam mit Freien Wählern)
30.04.2022Akteneinsichtsausschuss-zur-ÖPNV-Deckelung
18.05.2022Änderungsantrag zur ÖPNV Deckelung
07.06.2022Open Data-Portal für Offenbach

Unser neuester Antrag fordert ein Open-Data-Portal. Diese Idee ist nicht neu, schon seit Jahren gibt es immer wieder Bemühungen, Open-Data-Portale einzurichten, ausgehend von dem Wunsch, die Demokratie durch Transparenz und Aufklärung zu stärken.

Die Geheimhaltung mit den ÖPNV-Kürzungen hat uns motiviert, diese Idee wieder aufzugreifen.

Daten gehören den Bürgern, weil sie mit ihren Steuergeldern finanziert werden und weil mit ihnen Entscheidungen getroffen werden, die demokratisch legitimiert sein müssen. Beispiele sind Fahrgastzahlen, Wetterdaten, Niederschläge, Mikroklima, Bevölkerungsstrukturen, Bodeneigenschaften, Luftreinhaltungsdaten, Versiegelungen, Kanalisation, Leitungen, Gesundheitsdaten, Statistiken zum Verkehr und viele mehr.

Wenn diese Daten frei zugänglich sind, können Bürger:innen, Wissenschaft, Journalist:innen, Vereine und Unternehmen neue Erkenntnisse und Anwendungen erstellen und einen Mehrwert schaffen. Open Data führen so zu einer erhöhten Teilhabe der gesellschaftlichen Gruppen und Institutionen durch die Nutzung öffentlich generierter Daten und Informationen. Damit wird auch das Vertrauen in staatliches Handeln und die demokratische Willensbildung gefördert.

Es wird oft eingewandt, dass offene Daten proprietär seien. Das ist aber nicht so, weil sie keine ausreichende Schöpfungshöhe haben. Ihre Erstellung ist bereits mit den Steuergeldern bezahlt.

Für die Bereitstellung gibt es sogenannte offene Formate, d. h. die Daten werden in Rohform bereitgestellt, die die Nutzer beliebig weiterverarbeiten können. Man kann z. B. aus einem Tabellendokument eine CSV-Datei exportieren. Diese enthält dann zwar keine Makros oder Formeln mehr, aber damit ist gleichzeitig auch gesichert, dass keine Schadsoftware enthalten ist. Ein weiterer Vorteil besteht darin, dass ein solcher Export in wenigen Minuten bewerkstelligt werden kann und somit keine zusätzliche Verwaltungsarbeit erfordert. Unser aktuelles Beispiel ÖPNV-Kürzungen macht das noch mal besonders deutlich: Wir hatten ja moniert, dass wir nur Stunden vor der Sitzung per E-Mail weitere Informationen in Form von Excel-Dateien bekommen haben, die sogenannte „Protokollnotiz“, die Teil des Antrags sein sollte, aber nicht im PIO standen. Zwei Wochen später standen sie dann doch im PIO, als PDF-Dateien, weil man Excel-Dateien nicht einstellen kann. Um diese Dateien zu erstellen, hat die Verwaltung offensichtlich viele, viele Überstunden investiert. Ein Export im CSV-Format hätte hingegen nur wenige Minuten gedauert, und es wäre für uns Bürger und Bürgerinnen auch viel einfacher, damit weiterzuarbeiten.

Offenbach hinkt hinter den Entwicklungen in anderen Kommunen, in den Ländern und im Bund hinterher: Ein Beispiel ist unsere Nachbarstadt Frankfurt, die ein Portal mit offenen Daten betreibt, für das Filterfunktionen eingerichtet sind und in dem Daten in offenen Formaten angeboten werden.

Im Intranet der Verwaltung finden sich auch interessante und wertvolle Daten, z. B. das Geoportal mit Karten aus den Bereichen Bauen und Planen, Umwelt und Natur sowie Hintergrundkarten. Diese Informationen sind von großem öffentlichem Interesse. Warum sind sie nicht frei zugänglich, z. B. auf der Webseite der Stadt? Zugriff haben nur bezahlte Mitglieder der Verwaltung, nicht jedoch ehrenamtliche Stadtverordnete und schon gar nicht interessierte und sachkundige Bürger und Bürgerinnen.

Diese Daten unterliegen keinem Amtsgeheimnis, keinem Firmenbesitz und nicht der DSGVO.

Für Offenbach ist es wichtig, die Demokratie wieder zurück auf die Füße zu stellen: Der Souverän sind die Bürger und Bürgerinnen, nicht die Verwaltung! Die Stadtverordneten und der Magistrat sind die Diener der Bürger und Bürgerinnen.

Zum Weiterlesen:

  1. Christiane Schulzki-Haddouti, Open Data und Transparenz, Bundeszentrale für Politische Bildung, 2011, https://www.bpb.de/themen/daten/opendata/64067/open-data-und-transparenz/
  2. Annette Schaper, Looking for a Demarcation between Nuclear Transparency and Nuclear Secrecy, PRIF Report No. 68, Frankfurt/M., 2004, https://www.hsfk.de/publikationen/publikationssuche/publikation/looking-for-a-demarcation-between-nuclear-transparency-and-nuclear-secrecy
  3. The White House, Transparency and Open Government, January 21, 2009, https://obamawhitehouse.archives.gov/the-press-office/transparency-and-open-government
  4. Transparency International, Pressemitteilung 06. Juni 2022: Transparenz von staatlichen Informationen: Zeit für umfassende Reformen, https://www.transparency.de/aktuelles/detail/article/transparenz-von-staatlichen-informationen-zeit-fuer-umfassende-reformen/
  5. Der Landesbeauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit, Amtsgeheimnis ade: Online-Kurs für den Unterricht, https://www.baden-wuerttemberg.datenschutz.de/amtsgeheimnis-ade-online-kurs-fuer-den-unterricht/
  6. Landeszentrale für Politische Bildung Baden-Württemberg, Unser Staat, unsere Daten! Das Recht auf Informationsfreiheit und Transparenz, Online-Kurs, https://www.elearning-politik.net/moodle39/course/view.php?id=1098
  7. Frag den Staat, Informationsfreiheit, https://fragdenstaat.de/informationsfreiheit/
  8. Humanistische Union, Im Kampf gegen das Amtsgeheimnis, https://www.humanistische-union.de/publikationen/vorgaenge/166-vorgaenge/publikation/im-kampf-gegen-das-amtsgeheimnis-informationsfreiheit/
  9. Göttrik Wewer, Open Government, Staat und Demokratie – Aufsätze zu Transparenz, Partizipation und Kollaboration, 2014, https://www.nomos-elibrary.de/10.5771/9783845264202/open-government-staat-und-demokratie
  10. Christine Fabricius, Transparente Kommunikation als Legitimationsfaktor in Kommunen. Kommt das Landesinformationsfreiheitsgesetz in den baden-württembergischen Kommunen an?, Hausarbeit, 2017, https://www.grin.com/document/417356
  11. Jörn von Lucke & Katja Gollasch, Transparenz 2.0, 14. Mai 2022, https://link.springer.com/chapter/10.1007/978-3-658-36795-4_2
  12. Stefan Krempl, Informationsfreiheit: Zivilgesellschaft macht Dampf bei Bundestransparenzgesetz, heise news, 06/2022, https://www.heise.de/news/Informationsfreiheit-Zivilgesellschaft-macht-Dampf-bei-Bundestransparenzgesetz-7134117.html

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