Ein Thema, das unserer Fraktion wichtig ist, ist Digitalisierung. Digitalisierung hat etwas mit Lebensqualität zu tun, sie kann sie beeinträchtigen oder steigern. Wenn ein Land der Digitalisierung hinterherhinkt, wird es wirtschaftlich abgehängt. Wenn die Bürger und Bürgerinnen zu wenig digitale Kompetenz haben, Ängste entwickeln und nicht wissen, wie sie sich im Dschungel der Bürokratie zurechtfinden sollen, sinkt die Lebensqualität. Wenn Abläufe zu umständlich werden, weil zu viele unterschiedliche Stellen darin verwickelt sind, die zwischendurch auch mal Dinge ausdrucken und dann wieder einscannen, werden Vorgänge zu langsam und Fortschritt bleibt aus. Wenn Software verwendet wird, die Daten in Länder schicken, in der unsere Datenschutzstandards nicht gelten, haben wir die Kontrolle über unsere eigenen Daten verloren.

Kurz: Digitalisierung ist wichtig und ihre Gestaltung ist Politik. Wer bestimmt die Leitlinien der Politik in Offenbach? Die gewählten Volksvertreter und -vertreterinnen, also die Stadtverordneten! Also auch wir. Sollte man meinen.

Seit einem Jahr gibt es in Offenbach die „Stabsstelle Digitalisierung“. Das haben wir auf der Seite der Stadt und in der Zeitung gelesen und natürlich hat uns das interessiert.

https://www.offenbach.de/rathaus/buerger-service/meldungen/stabsstelle-digitalisierung09.03.2021.php,

https://www.offenbach.de/rathaus/buerger-service/meldungen/stabsstelle-digitalisierung23.03.2021.php.

Wir arbeiten daran. Woran, das sagen wir später.

In der Offenbach-Post vom 17.03.2021 steht: „Es wurde bereits eine erste Vorlage erarbeitet“, berichtet Verwaltungschef Schwenke. Um welches Vorhaben es sich allerdings drehe, könne er noch nicht verraten, das müsse zunächst noch intern besprochen werden.“

Aha, es gibt also Vorhaben, aber was das ist, dürfen wir, also das Volk, nicht wissen? Muss intern besprochen werden?

Wir haben auch Vorstellungen, wie die Digitalisierung in unserer Stadt aussehen könnte und welche politischen Weichen gestellt werden sollten. Gerne wüssten wir, was schon läuft und ob das vielleicht ähnlich ist. Anträge können wir aber erst stellen, wenn wir mehr wissen. Daher wollen wir uns vorher informieren.

Ich war fast 40 Jahre lang berufstätig und bin so vorgegangen, wie ich es aus dieser Zeit kenne: Wenn ich etwas wissen will, frage ich die, die es wissen müssen (in meinem früheren Beruf gehörten dazu auch verschiedene Ministerien, die Vereinten Nationen und Außenministerien anderer Staaten). Also habe ich im November in grenzenloser Naivität bei der Stabsstelle angerufen und gefragt, ob man sich mal zum Gespräch treffen könne. Die Stabsstelle bat mich darum, diese Anfrage noch mal als E-Mail zu schicken, was ich gemacht habe: „Wir, die Ofa-Fraktion, bestehend aus 4 Stadtverordneten, würden Sie und Ihre Arbeit gerne kennenlernen. Wir interessieren uns für Ihre ihre Projekte, zukünftigen Pläne und ihre Einschätzungen. Dafür möchten wir Sie um einen Gesprächstermin bitten.“ Wir wurden dann von Verwaltungsseite sehr schnell belehrt, dass es uns nicht zustünde, direkt mit der Verwaltung das Gespräch zu suchen, direkte Kontakte zwischen Verwaltungsmitarbeiter:innen und Stadtverordneten seien untersagt. Alles muss seinen Amtsweg nehmen, über den Sitzungsdienst und den Stadtverordnetenvorsteher. Wussten wir nicht, das steht so auch nicht in der Geschäftsordnung.

Ganz spontan: Vorstellungsrunde

Nach einer Woche bekam ich eine E-Mail von Büro des OB, in der es hieß: „Die unten stehende Mail hat die Stabsstelle Digitalisierung an unser Dezernat weitergeleitet. Im Zusammenhang mit Ihrer Anfrage ist Dr. Schwenke aufgefallen, dass Frau Schwarz und Herr Müller sich und Ihre Arbeit noch nicht im Ausschuss HFDB vorgestellt haben. Die soll nun zunächst geschehen, damit alle Fraktionen den gleichen Wissensstand haben. Im Ausschuss wird natürlich auch die Möglichkeit bestehen, Fragen zu stellen.“

Tatsächlich tauchten die beiden in der folgenden Sitzung des HFDB im Dezember auf. Das war überraschend, denn es stand nicht in der Tagesordnung. Die Vorstellungsrunde war sehr knapp, im Prinzip berichteten beide nur das, was auch schon auf der Seite der Stadt steht, siehe Links oben. Keiner der Ausschussmitglieder war vorbereitet, so gab es nur einige Fragen aus dem Stegreif und der „Tagesordnungspunkt“ war schnell wieder abgehakt.

Es werden also von Verwaltungsseite politische Weichen gestellt statt von der Politik. Diese müssen erst „intern“ festgeklopft werden, damit werden dann Fakten und Sachzwänge geschaffen, die wir dann als Magistratsvorlage abnicken dürfen. Gerne dürfen wir das auch noch bequasseln. OB Dr. Schwenke kann sich darauf verlassen, dass die Koalitionsdisziplin steht und es keiner von seinen Leuten wagen wird, eigene Meinungen einzubringen oder etwa kritische Fragen zu stellen. So kann er walten und schalten, seine Löschblätter vor seine „Vorhaben“ halten und sich auf seine brave Koalitionsmehrheit verlassen.

Unser Antrag: Was macht die AG Digitalisierung?

Es gibt übrigens nicht nur die Stabsstelle Digitalisierung, sondern auch die AG Digitalisierung, in der „Führungs- und Fachkräfte aus verschiedenen städtischen Ämtern und aus den Stadtwerken gemeinsam an Konzepten arbeiten.“ https://www.offenbach.de/rathaus/digitalisierung.php. Das klingt interessant und wichtig, leider auch geheimnisvoll, denn Genaueres wissen wir leider nicht.

Zum Glück haben wir es nicht mit einem Politbüro in einem Zentralkomitee zu tun, sondern mit einer Demokratie, in der wir Rechte und Pflichten haben. Die Demokratie lebt auch von Transparenz. Daher haben wir jetzt einen Antrag gestellt, um die uns zustehenden Informationen zu bekommen. Wir wollen wissen:

  1. Wer sind die Mitglieder dieser AG?
  2. Wie oft ist schon getagt worden und in welcher Frequenz wird weiter getagt?
  3. Welche Tagesordnungen standen bisher auf dem Programm?
  4. Gibt es Protokolle?
  5. Falls ja, wo sind die für die Stadtverordneten zugänglich?
  6. Welche „Konzepte“ werden bearbeitet?
  7. Welche Projekte sind bisher aus der Arbeit der AG entstanden?

Hier geht es zu unserem Antrag.

Digitalisierung ist ein politisches Thema, was wir auf einer breiten gesellschaftlichen Basis diskutieren und verhandeln müssen. Es gibt viele unterschiedliche Interessengruppen, die alle frühzeitig beteiligt werden müssen. Wichtig ist, dass letztlich die demokratische Kontrolle erhalten bleibt und eine echte Ausrichtung an Bedürfnissen und Wünschen der Menschen erfolgt.

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