27.01.2022

Neues Jahr, neue Anträge, neue Sitzung: Auf der Tagesordnung standen vier Antrage von uns sowie viele weitere. Leider fehlte Helge, denn in seinem Kiefer war ein Zahnproblem eskaliert, was ihn in die Sana-Klinik getrieben hatte, wo er professionell gerettet wurde. Für alle Fans: Inzwischen ist er wieder zu Hause und es geht ihm wieder gut. Unser Ofa-Live-Ticker lief lebhaft und so konnte er Anteil nehmen und über uns die Diskussion bereichern. In unserem Chat fielen einige schöne Wörter, die an verschiedenen Stellen dieses Berichts passend sind: „Abfangjäger“, „Untätigkeitverhinderungsentdeckungsstrategie“, „Verschleppungstaktik“, „Oppositionsgetöse“ (das hat die Koa erfunden), „Demokratiesimulation“, „Bevormundungsideologie“ und mehr.

Wilhelm Busch: Balduin Bählamm (www.projekt-gutenberg.org)

Helge war nicht der einzige, der gefehlt hat. Es fehlen immer welche (auch das spricht übrigens für ein Rathaus-TV).

Wir berichten im folgenden wie immer etwas selektiv und etwas subjektiv. Wer sich für andere Tagesordnungspunke interessiert, kann auch auf dem Live-Ticker der Stadt nachlesen. Dort gibt es allerdings keine Informationen über die Diskussionsbeiträge. Vielleicht berichten ja auch die anderen Fraktionen. Zu einzelnen Themen berichtet auch die Presse. Leider gibt es in Offenbach keine Sitzungsniederschriften oder gar Protokolle, anders als in anderen hessischen Kommunen.

Preisverleihung an „Lebbe gehd waider“

Vor Beginn der Sitzung wurde der Ferdinand-Kallab-Preis für das Jahr 2020 an die Selbsthilfegruppe „Lebbe gehd waider“ verliehen. Wir gratulieren ganz herzlich! Wir finden die Arbeit dieser Gruppe großartig.

Gedenken an die Opfer des Nationalsozialismus

Im Anschluss gedachten die Stadtverordneten der Opfer des Nationalsozialismus. Am 27. Januar 1945 befreiten die Alliierten das Konzentrationslager Auschwitz.

Dieses Gedenken war allen Stadtverordneten außer der AFD wichtig, es aber wurde von einigen Demokratiefeinden auf der Tribüne gestört . Wir finden diese Aktion absolut widerlich. Kaum zu fassen, dass sich solche Leute wieder aus den Löchern trauen! Die Zeremonie wurde abgebrochen bis sie entfernt waren und dann noch mal neu begonnen. Wir legten eine Schweigeminute ein. Mit dem Gedenken wollen wir unterstreichen, dass wir nie wieder solche entsetzlichen Entwicklungen dulden wollen.

Vor unserer Sitzung hatte schon eine Mahnwache der Parteijugend gegen das Vergessen stattgefunden. Dabei waren Grüne Jugend, Junge Union, Linksjugend Solid, Jusos und Junges Offenbach. Maxi berichtete von seinen Eindrücken nach dem Besuch eines Konzentrationslagers. In der Offenbach-Post vom Freitag, dem 28.01.2022 findet sich ein Foto dieser Mahnwache.

Solitaritätserklärung mit Kassel

Unsere Fraktion und die Fraktionen SPD, B´90/Die Grünen, CDU, DIE LINKE., FDP, OfA und Freie Wähler haben einen gemeinsamen Dringlichkeitsantrag vorgelegt. Er wurde mit großer Mehrheit angenommen. Wir erklären uns darin solidarisch mit unseren Kolleg:innen der Stadt Kassel, nachdem dort am Montag, den 24. Januar 2022, die Stadtverordnetenversammlung aufgrund einer ernstzunehmenden Bombendrohung frühzeitig beendet werden musste. Hier ist der Text der Solidaritätserklärung:

„Solidarität mit den Kassler Stadtverordneten“
Die Offenbacher Stadtverordnetenversammlung bekundet ihre Solidarität mit ihren Kolleg:innen der Stadt Kassel, nachdem dort am Montag, den 24. Januar 2022, die Stadtverordnetenversammlung aufgrund einer ernstzunehmenden Bombendrohung frühzeitig beendet werden musste.
Der Umstand, dass demokratisch gewählte Vertreter:innen der Stadt Kassel an der Ausübung ihres Amtes erfolgreich gehindert wurden und darüber hinaus bei dem Versuch der Wahrnehmung ihrer demokratisch legitimierten Aufgabe um ihr Leben fürchten mussten, ist besorgniserregend und kein hinnehmbarer Zustand in einer Demokratie.
Obwohl die Täter:innen selbst noch nicht identifiziert werden konnten, gehen aus den Worten des Drohschreibens „Maskenpflicht, Testwahn, Impfzwang! Ihr habt dem Volk den Krieg erklärt. Den Krieg, den könnt ihr haben“, die demokratie- und staatsfeindlichen Absichten der Verfasser:innen deutlich hervor. 
Die Offenbacher Stadtverordneten grenzen sich deutlich von den erkennbaren antidemokratischen und staatsfeindlichen Absichten der Verfasser:innen ab. Hier wurde klar eine Grenze überschritten. Wir leben in einer offenen, gewaltfreien und diversen Gesellschaft, in der unterschiedliche Meinungen und Positionen in einem offenen, aber zugleich auch friedlichen Diskurs präsentiert werden können. Das Drohschreiben zeigt jedoch deutlich, dass es sich nicht allein um eine Kritik an den Corona-Maßnahmen handelt, sondern um einen Angriff gegen unseren Staat, gegen die Grundfesten unserer freiheitlichen-demokratischen Gesellschaft.
Wir erklären uns solidarisch mit unseren Kolleginnen und Kollegen der Stadtverordnetenversammlung und den Mitgliedern des Magistrats der Stadt Kassel. Wir bekräftigen, dass wir uns als Offenbacher Stadtverordnete den demokratischen und rechtsstaatlichen Strukturen der Bundesrepublik Deutschland und den Werten des Grundgesetzes verpflichtet sehen. 
Einschüchterung und Gewalt sind kriminell und kein Mittel der Politik.



Mentoringprogramm für politisch interessierte Jugendliche

Diesen Antrag hatten wir bei der vorletzten Sitzung verschoben, weil zunächst der Antrag Mentoring Junge Frauen drankommen sollte. Dieses Mal stand er wieder auf der Tagesordnung. Maxi hat ihn vorgestellt mit dieser Rede:

Rede Maximilian Winter zum Antrag
"Mentoringprogramm für interessierte Jugendliche"
Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, 
Sehr geehrte Zuschauende, 
heute Morgen war die konstituierende Sitzung des KJP. Die neue Doppelspitze des KJP heißt Lia Dreger und Abeh Bhasim. 
Passend dazu kommt auch heute unser Antrag an die Tagesordnung. Ein Antrag, welcher sich damit beschäftigt, wie man politisch
interessierten Jugendlichen einen Einblick in die Abläufe einer
Stadtverordnetenversammlung und in das Amt des Stadtverordneten oder der Stadtverordneten geben kann. Damit wollen wir diesen jungen Menschen die Möglichkeit geben, sich bereits ein Bild von dieser Arbeit zu machen, bevor sie für diese kandidieren.. 
Mir persönlich hätte diese Art des Mentoringprogrammes sehr
gutgetan, allein um bereits erste Kontakte zu knüpfen. Dieses
Programm soll fraktionsübergreifend angeboten werden, insbesondere
unabhängig von Geschlecht und anderen Merkmalen. Die einzige
Voraussetzung sollte das politische Interesse sein. 
Politisch interessierte Kinder und Jugendliche haben heute Morgen bereits hier, in der Stadthalle, getagt und bewiesen, dass sie ein hohes Verständnis von Politik mitbringen. Sie sind die nächste, sogar die übernächste Generation der Stadtverordneten. Und um das nicht zu unterschlagen, natürlich die Jugendorganisationen der Parteien.
In unserem Antrag geht es auch um die Erarbeitung oder Erweiterung
des pädagogischen Konzeptes. Dieses sollte sehr wohl mit Experten
und Expertinnen auf diesem Gebiet erarbeitet werden. Was sich im
Weiteren verbessern kann, kann man sehen, wenn die ersten Teilnehmer ihre Praxiszeit evaluiert haben. Das KJP hat in Offenbach hoffentlich nicht an Bedeutung verloren.
Gerade die Pandemie und das Risiko der Ansteckung sind natürlich
Dinge, die man bedenken sollte, da einige Kinder noch nicht den
Impfschutz haben. Aber es ist an uns, diesem wichtigen politischen
Gremium auch den Stellenwert zu zeigen, den es verdient hat. Ich
hoffe auf ihre Stimmen für den Ursprungsantrag, den politisch interessierte Jugendlichen, auch wenn sie sich noch nicht an Jugendorganisationen der Parteien binden wollen, eine Chance zu
geben und Einblicke zu gewähren. Die Jugend sollte uns allen am
Herzen liegen, denn sie ist unsere Zukunft!

Das Kinder- und Jugendparlament am 27. Januar 2022 posiert mit dem Stadtverordnetenvorsteher

Wir haben dann zusammen mit der Koalition einen Ergänzungsantrag ( vorgelegt, der vorsieht, schon bei der Planung des Konzepts auch das Kinder- und Jugendparlament miteinzubeziehen. Dieser Antrag wurde auch angenommen.

Stinkschiffe am Main – SPD lehnt ihren eigenen früheren Antrag ab

Unser Antrag Schadstoffemissionen am Mainufer reduzieren – Stromanschlüsse für Schiffe am Main hatte schon im Vorfeld ziemliche Beachtung gefunden (Presse). Es gab mehrere Artikel in der Offenbach-Post und der Frankfurter Rundschau, sowie einige Leserbriefe und Zuschriften zu uns. Die Bürger und Bürgerinnen haben es satt, am schönen Mainufer durch Gestank belästigt zu werden, außerdem leuchtet ihnen nicht ein, warum die Umweltzone abrupt am Wasser endet.

Annette hat eine Rede gehalten:

Rede Dr. Annette Schaper-Herget zum Antrag
"Schadstoffemissionen am Main reduzieren - Stromanschlüsse für Schiffe am Main"
Sehr geehrter Herr Stadtverordnetenvorsteher, liebe Kolleginnen und Kollegen und liebe Gäste auf der Zuschauertribüne,
zu diesem Antrag haben uns Bürger und Bürgerinnen motiviert, die sich durch die Schadstoffemissionen am Main belästigt fühlen: CO2, Stickoxide, Feinstaub und Lärm! Nicht ohne Grund haben wir ja einen Luftreinhalteplan und unser Stadtgebiet ist inzwischen eine Umweltzone. Aber am Mainufer stinken die Schiffe munter vor sich hin, obwohl es ja eines unserer schönsten Naherholungsgebiete ist, das viele von uns oft und gern genießen. Das Thema wird gerne ignoriert, obwohl viel über die Reinhaltung der Luft diskutiert wird.
Wir haben dann erst mal im PIO gesucht, ob es schon Beschlüsse zum Thema gibt. Und sind fündig geworden. Es gab einen schönen Antrag der SPD, den wir in nur wenig abgeänderter Form hier wieder stellen: Wir hätten gerne Stromanschlüsse für Schiffe und es soll bitte geprüft werden, ob die installiert werden können, ob die Kosten durch Liegegebühren und eine Umlage finanziert werden können und ob die Schiffsbetreiber zu einer Abnahme verpflichtet werden können.
Ja, wir wissen, dass der Main eine Bundeswasserstraße ist und dass daher eine Genehmigung des Bundesschifffahrtsamts erforderlich ist. Das ist ja auch in dem Änderungsantrag vor vier Jahren, der damaligen Koalition, gefordert worden: Es sollte zunächst „in Zusammenarbeit mit der Bundesrepublik Deutschland und den von dort zu benennenden Stellen geprüft und berichtet werden, ob und wie eine Verminderung der Schadstoffemissionen überhaupt möglich ist.“ 
Dieser hatte eine Mehrheit gefunden und ist daher ein Beschluss. Das war vor vier Jahren! Aber - leider leider haben wir keinen Bericht gefunden. Deshalb haben wir, wie schon oft, jetzt gleichzeitig auch eine Anfrage gestellt, um zu erfahren, was daraus geworden ist. Mal sehen, wie viele Monate die Antwort darauf dauern wird. Jedenfalls haben wir letzte Woche mal selbst geprüft, wie sich das mit dem Schifffahrtsamt verhält. Und dazu lese ich Ihnen was aus einer Mail vor, die ich vom Wasserstraßen- und Schifffahrtsamt Main in Aschaffenburg bekommen habe. Für diese Recherche haben wir übrigens keine vier Jahre gebraucht:
„Sofern die Stadt Offenbach die Liegestellen mit Stromanschlüssen ausstatten möchte, habe ich hier grundsätzlich keine Einwände. Neben der hierfür notwendigen strom- und schifffahrtspolizeilichen Genehmigung gemäß § 31 Bundeswasserstraßengesetz ist auch eine wasserrechtliche Genehmigung seitens der Unteren Wasserbehörde notwendig. Da in diesem Bereich am Mainufer in Kürze seitens der Stadt Offenbach eine größere Deichsanierung ansteht, ergeben sich durch die umfangreichen Erdarbeiten für die Deichsanierung evtl. Synergieeffekte, die beim Verlegen der notwendigen Stromleitungen zwischen Deich und Ufer genutzt werden können. Sofern die Stadt Offenbach den Planungen näher tritt, stehe ich Ihnen gerne als Ansprechpartner zur Verfügung.“
Selbstverständlich werde ich Ihnen diese Mail weiterleiten. In der Zeitung haben wir mit Erstaunen gelesen, dass der Herr Dezernent kommentiert:
„ein Projekt Landstrom am Mainufer auf Offenbacher Stadtgebiet sei beim Wasser und Schifffahrtsamt nicht in Planung, wie die jüngsten Gespräche mit der Behörde im Oktober vergangenen Jahresergeben hätten.“ 
Das ist zwar schön, dass wir das nun durch die Offenbach-Post das auch erfahren, dass es Gespräche gegeben hat. Aber ist das nicht ein wenig im Thema verfehlt? Ob das Schifffahrtsamt so ein Projekt in Planung hat oder nicht, hat ja nichts damit zu tun, dass die Stadt selber planen und einen Antrag stellen kann. Das hat auch nichts mit dem Beschluss vor vier Jahren zu tun, zu prüfen, ob Stromanschlüsse möglich sind.
Übrigens haben die Frankfurter damals auch so einen Beschluss gefasst, es solle eine Machbarkeitsstudie zu Stromanschlüssen durchgeführt werden. Das ist auch passiert, die Studie kann man auf der Webseite der Stadt herunterladen, es finden sich darin verschiedene technische Varianten mit Kostenschätzungen. Warum geht so was bei uns nicht?
Nun ist jetzt auch ein Änderungsantrag gekommen, einmal von den Freien Wählern: Sie möchten es den Schiffen noch bequemer machen und auch Wasser- und Abfallentsorgung anbieten. Das ist nicht unser Anliegen, uns geht es um die Luftreinhaltung an unserem Mainufer, nicht ums Service, der vielleicht noch mehr Schiffe anlockt. 
Auch von der Koa ist gestern noch ein Änderungsantrag gekommen, den wir nun wirklich erstaunlich finden. Daran steht: „Die Stadtverordnetenversammlung fordert den Magistrat auf, in Gespräche mit dem Wasser- und Schifffahrtsamt einzutreten und sich in diesen für eine Landverstromung der Anlegestellen für große Schiffe entlang des Offenbacher Mainufers einzusetzen.“ Das geht sogar hinter den früheren Änderungsantrag von vor vier Jahren zurück. Kennt die SPD ihre eigenen Anträge nicht mehr? Das war doch damals schon viel konkreter! Warum auf einmal dieser Rückzieher? Und was heißt denn „einzusetzen“? Da sollte wenigstens stehen „eine Genehmigung zu beantragen“. Die wird man nämlich bekommen, und natürlich wird das Schifffahrtsamt auch weiterhin behilflich sein, um die zugehörige Bürokratie abzuwickeln, wie ich eben aus der Mail vorgelesen habe. 
Das Thema Schiffsgestank erregt seit Jahren den Unmut der Bürger und Bürgerinnen, es ist auch durch die Presse gegangen und hat einige Leserbriefe provoziert. Auch wir haben mehrere Zuschriften bekommen. Es wird wirklich Zeit, dass nicht nur gefordert wird, sich „einzusetzen“, sondern dass einfach konkret geplant wird, damit man auch mal Fortschritte sieht. Daher bitte ich Sie, unserem Antrag zuzustimmen. 

Im Anschluss gab es eine lebhafte Diskussion und natürlich einen Abfangjäger der Koa, sowie weitere Ergänzungsanträge. Die SPD, deren guten Antrag von 2018 wir ja übernommen hatten, erklärte lang und breit vieles, irgendwie wurde der Punkt aber nicht recht klar.

Zusammenfassen könnte man ihn vielleicht so: „Ja und nein, also so aber anders und annehmen kann man das so nicht und die Ofa immer mit den ausgegrabenen alten Beschlüssen und das relativ neue Thema der Landverstromung und Sachzwänge und Oppositionsgetöse und überhaupt. Und das trotz der Super-Akquise des Oberbürgermeisters (tosender Applaus bei der SPD)“. Übersetzt von uns heißt das vielleicht: „Was scheren uns unsere alten Anträge, jetzt sind wir Regierung, da stellt sich das halt nun mal anders dar.“ Die Linke kommentierte: „Erstaunlich, wie lang man braucht um nichts zu sagen!“

Herr Dezernent Weiss erklärte, dass es überhaupt nicht die Aufgabe der Stadt sei, Stromanschlüsse zu legen, sondern die des Landes. Die Stadt habe kein Geld und zu wenig Personal (ja, das wissen wir). Daher könne sie nicht alle Beschlüsse bearbeiten (das haben wir inzwischen zwar gemerkt, aber nun haben wir es auch offiziell gehört). Man priorisiere halt (aha, Umweltschutz und Aufenthaltsqualität haben keine Prio). Frau Schaper-Herget solle doch mal Mäuschen spielen in den Fachbesprechungen der Dezernatsabteilungen, alle drei Monate, da könnte sie sehen wie sich alle abrackern und arbeiten und würde mal nicht mehr so überzogene Forderungen stellen.

Für diese Einladung hat sich Annette sofort sehr herzlich bedankt, gerne nehmen wir sie an. Es gibt bestimmt viele Stadtverordnete, die auch gerne Mäuschen spielen und bei diesen Sitzungen zuhören wollen. Einige von uns werden also in Zukunft an den Sitzungen teilnehmen, das fördert auch die Transparenz, die uns sehr am Herzen liegt.

Fassen wir zusammen: Der Herr Dezernent erklärt uns, dass der Beschluss zu prüfen und zu berichten, deshalb nicht bearbeitet wurde, weil man der Ansicht war, dass die Stromanschlüsse vom Bund organisiert und bezahlt werden sollten und dass die Stadt deshalb nichts tun müsse. Nach mehreren Jahren hat man dann doch mal nachgefragt und festgestellt, dass der Bund derzeit nichts dergleichen in Planung hat. Das erfährt dann allenfalls mal die Zeitung, aber wir nicht. Verstehen wir das richtig? Wenn die Verwaltung befindet, dass ein Beschluss nicht machbar sei, tut sie gar nichts mehr, hat es auch nicht nötig, überhaupt zu berichten, dass man nichts gemacht hat und dass man auch nicht vorhat, etwas zu unternehmen.

Die Quasselbude Stadtverordnetenversammlung soll mal ruhig weiter rumschwadronieren, das ist der Verwaltung doch egal! Aber es ist natürlich besser, wenn das keiner merkt, deshalb schreibt man lieber keinen ehrlichen Bericht. In dem hätte auch drinstehen müssen, dass man wegen Personalmangel nicht in der Lage ist, die übertragenen Aufgaben zu lösen. Wir sind ja schon aufgefordert worden, nicht so viele Anfragen zu stellen, man solle doch mal Vertrauen haben.

Also Demokratie in Offenbach geht so: die Stadtverordneten fassen Beschlüsse, aber die Verwaltung entscheidet, ob man die beachtet. Wenn nicht, Pech gehabt, ab in die Versenkung mit dem Beschluss. Dann könnte man unseren Laberhaufen doch besser gleich abschaffen, das spart Geld und Zeit, und die Verwaltung würde nicht mehr belästigt und kann machen, was sie will, was sie ja ohnehin tut. #Demokratiesimulation

Rathaus-TV

Auch unser Antrag zum Rathaus-TV ging schon vorher durch die Presse (OP 15.01.2022). Wir haben dazu auch schon einen Blogbeitrag geschrieben, und auch am Samstag hat die OF-Post wieder berichtet („Rathaus-TV rückt näher“). Hierzu hat Annette eine Rede gehalten:

Rede Dr. Annette Schaper-Herget zum Antrag "Rathaus-TV"
Sehr geehrter Herr Stadtverordnetenvorsteher, liebe Kolleginnen und Kollegen,
unsere Bürgerinnen und Bürger haben ein Recht darauf, zu erfahren, was wir hier machen, denn sie sind der Souverän und haben uns mit unserer Wahl beauftragt. Daher haben sie das Recht, sich als Zuschauer hinten rein zu setzen und Stunden auszuharren, bis die Themen erörtert werden, die sie interessieren. Das ist allerdings mühselig, unbequem und man braucht viel Sitzfleisch. 
Heutzutage gibt es zum Glück technische Möglichkeiten, die das Leben vereinfachen, z. B. Streaming und Aufzeichnungen der Sitzungen, die dann nachträglich ins Internet gestellt werden. Dann kann man darin gezielt herumsuchen, wenn man die Zeit hat. Ein Rathaus-TV gibt es schon in vielen Kommunen.
Schon vor 10 Jahren ist deshalb die HGO geändert worden: Sie erlaubt uns jetzt, die Hauptsatzung zu ändern, um Video- und Tonaufnahmen zu erlauben. Deshalb beantragen wir, dies jetzt zu tun, denn erst damit eröffnen wir uns prinzipiell alle Möglichkeiten. Ich bitte Sie daher, für die entsprechende Änderung der Hauptsatzung zu stimmen. Wie das im Einzelnen umgesetzt wird, wäre die Sache von Folgebeschlüssen. Das wäre auch im Einklang mit einem 10 Jahre alten Beschluss, denn vor 10 Jahren hat dieses Haus schon mal beschlossen, die Möglichkeit eines Rathaus-TVs prüfen zu lassen.
Leider haben wir seitdem nie wieder etwas davon gehört. Wir haben also mal wieder eine Anfrage gestellt. (Das hätten wir übrigens nicht gemacht, wenn automatisch berichtet würde.) Es stellt sich raus, dass man damals „zu diesem Themenkomplex noch nähere Festlegungen“ durch Anpassungen der HGO abwarten wollte. Dies Anpassung ist allerdings schon zwei Monate danach erfolgt, also vor 10 Jahren, aber – schade, schade – „der Auftrag ist“, wie es in der Antwort heißt „auf Wiedervorlage ohne Termin geführt worden.“ Also in der Ablage versunken auf Nimmerwiedersehen. Ohne Berichtspflicht kann das schon mal passieren.
Aber zurück zum Rathaus-TV: In dem Jahrzehnt haben sich die technischen Möglichkeiten stark verbessert. Schon Schülerinnen mit überschaubarem Taschengeld können hervorragende Videos guter Qualität streamen. Es gibt mehrere Möglichkeiten für uns: 
Erstens: Man erlaubt einfach den Medien, Aufnahmen zu machen. Das ist gut für die Pressefreiheit und auch gut für die Qualität, aber man weiß nicht so recht, ob die Presse auch immer Lust dazu hat. 
Zweitens: Man beauftragt eine Firma, das komplett zu übernehmen. Das kann auch teuer werden, in der Offenbach-Post wird der Stadtverordnetenvorsteher zitiert mit schätzungsweise 20.000 Euro pro Jahr. Das ist eine Zahl, die er unaufgefordert eingereichten Angeboten entnommen hat, wie er mir freundlicherweise erklärt hat. 
Die dritte Möglichkeit ist: Man macht möglichst viel selbst. Und da muss man wieder differenzieren: 
a) Man könnte die Sitzungen einfach aufzeichnen und die hinterher zum Abrufen in ein Archiv stellen. Das kostet nicht viel. Hierbei beantragen wir dafür die Open Source Schnittstelle der Plattform Open Parliament TV zu nutzen. Diese ist öffentlich dokumentiert und kostet keine Lizenzgebühren. Sie hat außerdem den Vorteil, dass die Videodateien kompatibel mit der Plattform sind, sodass ein gemeinsamer Pool mit vielen Parlamenten entstehen kann. Man kann also die Videoaufzeichnungen über diese Schnittstelle verfügbar machen. Man braucht nur eine gute Kameraausrüstung und eine Fachperson, die diese bedient. 
b) Man könnte die Sitzungen auch streamen. Dies hätte den Vorteil, dass Interessierte diese zeitnah verfolgen können. Hierbei muss man Folgendes beachten: Die Übertragung darf nicht als öffentlicher Rundfunk gelten, denn sonst braucht man dafür eine Sendelizenz. Ich habe mit der Hessischen Landesanstalt für privaten Rundfunk und neue Medien telefoniert, wo mir eine Zuständige freundlicherweise die rundfunkrechtliche Sicht genau erklärt hat und auch ein Merkblatt geschickt hat, was ich Ihnen gerne überlassen kann. Danach verhält es sich folgendermaßen: 
Um Rundfunk handelt sich, wenn der Stream journalistisch und redaktionell gestaltet wird. Dazu gehören z. B. auch Kameraschwenks und Kommentare. Ist dagegen eine Kamera starr auf das Rednerpult gerichtet und überträgt nur, ohne weitere Bearbeitung, dann handelt es sich nicht um Rundfunk und dann braucht man auch keine Sendelizenz. 
Alternativ könnte man Eventagenturen oder Mediadienstleister beauftragen, die eine Sendelizenz haben. Aber wie schon gesagt, dann wird es teuer. Man kann auch einfach den Medien erlauben, Videoaufnahmen zu machen. Das würde nichts kosten, aber man kann sich nicht darauf verlassen, dass die immer die Zeit, das Geld und das journalistische Interesse haben, unsere vielstündigen Sitzungen hier zu übertragen, obwohl diese ja immer hochinteressant sind, oder?
Ein weiterer Aspekt wurde ja auch schon öfter erörtert und stand auch in der Zeitung: Wir Stadtverordneten haben ja keine Indemnität wie Bundestags- oder Landtagsabgeordnete. Wir sind auch keine Personen des öffentlichen Interesses, zumindest juristisch gesehen. (Aus demokratischer Sicht sind wir das meiner Meinung nach allerdings doch.) Jedenfalls könnte das, was wir sagen, strafrechtliche Konsequenzen haben. Aber da sehe ich kein Problem, wir müssen eben festlegen, dass jeder und jede einer Veröffentlichung zustimmen muss. Die meisten von uns hören sich ja gerne selbst reden. Manchmal gibt es Beiträge, die peinlich sind, die werden dann eben nicht veröffentlicht oder wieder gelöscht. Diese Einzelheiten müssen dann in der Geschäftsordnung festgelegt werden. Ich hoffe sehr, dass wir dazu bald in einer der nächsten Sitzungen kommen werden.
Wir beantragen daher mehrere Punkte:
Erstens die Änderung der Hauptsatzung, zweitens die Prüfung, ob Anbieter nötig sind und welche infrage kämen, drittens die Prüfung der Frage, ob die offene Schnittstelle von Open Parliament TV genutzt werden kann und viertens schließlich die Erarbeitung von Vorschlägen, wie die Geschäftsordnung angepasst werden kann. Dies ist nicht die Aufgabe des Magistrats, sondern unsere eigene. Daher richtet sich der Antrag an den Stadtverordnetenvorsteher. 
Nun ist noch mal ein Ergänzungsantrag und in letzter Sekunde auch noch ein Änderungsantrag der Koa gekommen. Auf beide möchte ich auch kurz eingehen.
Der Ergänzungsantrag der Freien Wähler schlägt eine von mehreren Varianten vor, die in der Ausgestaltung und damit in einer zukünftigen Geschäftsordnung möglich sind. Wir würden gern in zwei Schritten vorgehen: Heute würden wir gern erst mal die Voraussetzungen schaffen, insbesondere zu beschließen, die Hauptsatzung zu ändern. Weiterhin beantragen wir, technische Prüfungen vorzunehmen. Die konkrete Ausgestaltung, die sich in einer Änderung der Geschäftsordnung widerspiegeln wird, sollten wir in Angriff nehmen, sobald uns hierzu Vorschläge vorliegen. Einer davon könnte dann der Vorschlag der Freien Wähler sein.
Vorhin trudelte nun auch noch ein Änderungsantrag der Koalition ein. Wir halten ihn für eine Verwässerung:
Unter a) werden zwei Dinge beauftragt zu prüfen: erstens, wie eine Übertragung rechtlich ermöglicht werden könnte. Dies ist klar: Erstens muss die HGO geändert werden, dies wurde uns auch in der Antwort auf unsere Anfrage mitgeteilt. Zweitens muss das rundfunkrechtlich wasserdicht sein. Ich habe ja oben erklärt, dass das sehr einfach ist. Unter a) des Änderungsantrags soll auch geprüft werden, ob das Ganze barrierefrei geht. Das wäre natürlich wunderbar, aber das wäre eher ein Ergänzungsantrag, dem wir gerne zustimmen würden.
Unter b) fordert die Koa, „die Kosten zu prüfen“: Das fordern wir ebenfalls, allerdings ist unser Ursprungsantrag hierbei schon differenzierter, weil wir auf die unterschiedlichen Szenarien eingehen.
Unter c) soll geprüft werden, wie ein Missbrauch durch Dritte ausgeschlossen werden kann. Da würde uns interessieren, was genau „Missbrauch“ heißen soll. Entweder es passieren rechtlich gesehen Dinge, die nicht gestattet sind oder nicht. Dafür haben wir dann einen Rechtsstaat.
Unter d) soll das gleiche geprüft werden, was wir auch beantragen, nämlich die konkrete Ausgestaltung, zu der auch gehört, dass Stadtverordnete ihre Zustimmung zur Aufzeichnung verweigern können. 
Daher bitte ich Sie, unserem Antrag zuzustimmen, denn er fordert diese Dinge schon differenzierter und würde die Umsetzung beschleunigen.
Abfangjäger: Wikimedia, KGG1951, GNU Free Documentation License

Es ist bemerkenswert, dass die Koalition sich dieses Mal nicht getraut hat, unseren Antrag rundweg abzulehnen. Das wäre wohl zu peinlich geworden. Stattdessen hat sie einen Abfangjäger gestartet, also einen Änderungsantrag, der so tut, als ob er das gleiche will, aber erst noch mal ein allgemeines Prüfverfahren davor schiebt. Nun gut, wir rechnen es als unseren Erfolg an, dass dieser Änderungsantrag mit breiter Mehrheit angenommen wurde. Damit hat die Stadtverordnetenversammlung nach über 10 Jahren noch mal bekräftigt, dass sie ein Rathaus-TV möchte. Das Thema wird jetzt im Ältestenrat verhandelt. Und da sind wir ja auch dabei. Wir werden uns dafür einsetzen, dass die „Prüfung“ konkret wird und dass es Fortschritte gibt. Der erste Schritt wird eine Änderung der Hauptsatzung sein. Bleibt dran, liebe Leute, wir werden ein Rathaus-TV kriegen!



Parkplätze für das Ketteler-Krankenhaus

Das Parkproblem für die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen des Ketteler-Krankenhaus ist ja ein Dauerbrenner. Wir dachten, dass unser Antrag ein bedenkenswerter Lösungsvorschlag wäre: Ein städtisches Gelände, was ohnehin Parkraum ist, könnte mitgenutzt werden, vielleicht mit dem Bau eines Parkhauses oder auch ohne. Wir wollten, dass dieser Vorschlag geprüft würde.

Aber das wollte die Mehrheit gar nicht: Die Grünen betonten, dass das Problem ein privates sei, das privat betriebene Kettler-Krankenhaus solle das selber lösen. Muss man also gar nicht erst prüfen. Aha, ähm, aber das Problem, dass wegen des Kettler-Krankenhauses kein Anwohnerparken in der Gegend ausgewiesen kann, ist das auch privat? Könnte die Stadt nicht wenigstens irgendwie mit dem Kettler darüber reden?

Es meldete sich dann auch eine Stadtverordnete, die jahrzehntelang im Kettler gearbeitet hat. Sie meinte, dass der Weg von einem solchen Parkhaus bis zum Krankenhaus zu weit sei. Aha? Wir sind den Weg mal in normalem Fußgängertempo abgegangen und haben genau sechsMinuten gemessen. Da scheinen die Erwartungen der Bediensteten aber hoch zu sein. So kurze Wege vom Parken bis zum Arbeitsplatz hat längst nicht jeder.

Es dauert sechs Minuten, um von der vorgeschlagenen Parkfläche bis zum Ketteler-Krankenhaus zu gehen

Schließlich kam noch eine Wortmeldung zu unserem Vorschlag, den Durchgang zur Oppelner Straße wieder zu öffnen. Das würde die Anwohner belästigen! Echt? Vorbeilaufende Fußgänger:innen seien eine Belästigung? Was für ein Menschenbild steckt denn da hinter, liebe Koalition? Über dieses Argument sind wir echt sprachlos!

Ende der Debatte: Unser Antrag wurde abgelehnt. Wir werden demnächst den Vorschlag eines Quartierparkhauses einbringen.

Weitere Anträge

Es gab noch viele weitere Anträge, denen wir zum Teil zugestimmt haben und zum Teil nicht. Hier berichten wir kurz über unser Abstimmungsverhalten bei den Anträgen, die nicht vom Magistrat kamen:

Zugestimmt haben wir drei Anträgen der CDU zum Einsatz flexiblerer Bedienungsformen im ÖPNV – Rufbusse in Nebenzeiten, zum Verzicht auf einen qualifizierten Mietspiegel für Offenbach und zum vollständigen Ausbau öffentlicher Gebäude mit Photovoltaikanlagen, weil uns bei allen die Begründung eingeleuchtet hat. Den CDU-Antrag zu Bewegungsflächen Mainuferparkplatz hatten wir in unserer Fraktionssitzung länger hin- und herdiskutiert. Wir sind zum Schluss gekommen, dass der vorgeschlagene Standort ungünstig ist und wir einen anderen vorschlagen würden. Deshalb haben wir diesen Antrag abgelehnt. Wen das genauer interessiert, sollte bei Max nachfragen, der sich intensiv damit beschäftigt hat.

Bei dem Antrag Fahrradstreife für Offenbach der Koa sehen wir Vor- und Nachteile. So kam es, dass wir unterschiedlich abgestimmt haben. Zum Glück haben wir keinen Fraktionszwang. Beim Antrag Schulbaurichtlinien für Offenbach der Koa hat uns der Einwand einiger Redner und Rednerinnen eingeleuchtet, dass alle diese Richtlinien schon längst berücksichtigt werden, wir haben ihn daher abgelehnt. Dem Antrag Schulsozialarbeit evaluieren, ebenfalls von der Koa, haben wir zugestimmt. Wir finden ihn wichtig und sinnvoll.

Dann war es 23:00 Uhr, und ab dann dürfen nur noch Magistratsanträge diskutiert werden. Deshalb wurden drei Anträge auf nächstes Mal verschoben. Über einen weiteren, nämlich Karlchens Ampel, wurde ohne Diskussion abgestimmt. Alle waren dafür, wir kriegen jetzt eine Karlchen-Ampel. Wir alle mögen Karlchen. In seiner Mimik kann es die Stadtpolitik kommentieren, wenn man ganz genau hinschaut:

Karlchen lächelt
Karlchen weint

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